FOKUS
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Veröffentlicht am 20.11.18
Das Recht auf Schutz vor sexueller Ausbeutung und Gewalt
Juta Croll, Stiftung Digitale Chancen
Mit dem Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt befasst sich am 19. und 20. November die Konferenz „Wissen was die Praxis schaf(f)t“ in Berlin. Das Recht auf Schutz ist in der UN-Kinderrechtskonvention in UN-KRK, Art. 19 und UN-KRK, Art. 34 verankert. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey nahm darauf Bezug und forderte den Kinderschutz im neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz ebenso wie im neuen Jugendmedienschutzgesetz zu stärken. Beides seien wichtige Gesetzesvorhaben, die in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden sollen. Es sei notwendig, so die Ministerin, auf Anzeichen sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern zu achten und darüber sprechen. Gleichzeitig forderte sie niedrigschwellige, verstetigte Hilfestrukturen und kompetente spezialisierte Fachberatungsstellen, auch im ländlichen Raum.
Bezug nehmend auf den 18. November, den Europäischen Tag des Schutzes von Kindern vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch forderte Giffey, dass der Kampf gegen derartige Verbrechen besser organisiert sein müsse, als die organisierte Kriminalität; Datenschutz dürfe nicht dazu führen, dass die Verbrecher geschützt werden. Um Kindern zu ihrem Recht auf Schutz zu verhelfen, bedürfe es einer kinderfreundlichen Justiz; deshalb sei es ein wichtiges Vorhaben, die Rechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen. Auch wenn es dabei nur um eine Formulierung von wenigen Worten gehe, könne so ein Signal für die Rechte von Kindern gesetzt werden.
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Veröffentlicht am 18.11.18
Klare Ziele und ethische Werte - Gemeinsame Verantwortung für das Internet der Zukunft
Jutta Croll
Mit einem klaren Appell der französischen Regierung, sich den Herausforderungen zu stellen und gemeinsame Verantwortung für das Internet zu übernehmen, ist in der vergangenen Woche das Internet Governance Forum 2018 in Paris zu Ende gegangen.
Mounir Manjoubi, Staatssekretär für digitale Angelegenheiten im französischen Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, betonte in seinem Abschluss-Statement: “Der multilaterale Aspekt des IGF wird von Frankreich mehr denn je unterstützt. Wir wollen mit dem IGF zusammenarbeiten, um Entscheidungen zu treffen, denn wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden und die Möglichkeit ergreifen, die Welt vor uns so zu gestalten, wie es sich viele seit Jahrzehnten erhofft haben.” Frankreich trete weder für eine übermäßige noch für eine nachlässige Regulierung ein, so Manjoubi, sondern vielmehr für eine Politik, die dazu diene, das Gemeinwohl zu schützen und zu respektieren.
Auch Fabrizio Hochschild, stellvertretender UN-Generalsekretär für strategische Koordinierung, betonte, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein könne. Wo Rechtsstaatlichkeit nicht gegeben sei, gelte das Recht des Stärkeren; damit gehe nicht Freiheit, sondern vielmehr Missbrauch einher. Im Hinblick auf Künstliche Intelligenz - eines der Hauptthemen des diesjährigen IGF - stellte Hochschild infrage, dass es möglich sei, Computer so zu programmieren, dass sie in der Lage wären, ethische Entscheidungen zu treffen.
Dieser Aspekt wurde auch am Donnerstag, 15. November bei der Veranstaltung der UNESCO zur Nutzung Künstlicher Intelligenz für die Wissensgesellschaft, die bei der Mozilla Foundation stattfand, erneut aufgegriffen. Dabei wurde insbesondere die Frage nach der Wahrung der Menschenrechte erörtert. Entscheidungen dürften nicht allein auf Algorithmen gestützt getroffen werden, so die vorherrschende Einschätzung, denn damit gehe grundsätzlich das Problem einher, dass vorhandene Positionen sich weiter tradierten und verstärkten. Dies sei insbesondere in Bezug auf Genderaspekte der Fall, aber auch im Hinblick auf benachteiligte Gruppen wie Kindern oder ältere Menschen, Geflüchtete oder Behinderte. Michael J. Oghia, Global Forum for Media Development betonte, dass auch dem Recht auf freie Meinungsäußerung durch das Gesetz und die Rechte anderer Grenzen gesetzt seien. Wer im Internet falsche Informationen verbreite, verstoße klar gegen solche Regeln. Dies habe nicht erst durch das Internet Relevanz gewonnen. Lügen gebe es, seit die Menschheit sprechen könne, allerdings sei das Internet ein Verstärker und Beschleuniger. Zumeist erhalte die bewusste Fehlinformation, die man durchaus auch als Propaganda bezeichnen dürfe, mehr Aufmerksamkeit als der spätere Faktencheck. Dem müsse man durch Transparenz und Medienkompetenz entgegenwirken.
Technische Innovationen im Bereich des Internet der Dinge, von Big Data und künstlicher Intelligenz sowie die damit einhergehenden ökonomischen Entwicklungschancen und ethischen Herausforderungen werden die thematische Brücke bilden von Paris zum Internet Governance Forum in Berlin, das vom 24. - 29. November im Estrel Konferenzzentrum stattfinden wird. Damit kann das IGF 2019 dreißig Jahre nach der Annahme der Kinderrechtskonvention durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 20. November 1989 im nächsten Jahr eine Plattform sein, um den Rechten von Kindern in der digitalen Welt angemessene Aufmerksamkeit zu schenken.
Lesen Sie hier unsere Berichterstattung vom IGF.
Pariser Friedensforum eröffnet die Woche der Digitalisierung 2018.
Der Mensch im Mittelpunkt - Bericht vom ersten Tag des IGF 2018.
Kinderschutz - Kinderrechte - Menschenrechte - Bericht vom zweiten Tag des IGF 2018.
Künstliche Intelligenz, Big Data und das Internet der Dinge - Bericht vom dritten Tag des IGF 2018.
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Veröffentlicht am 14.11.18
Künstliche Intelligenz, Big Data und das Internet der Dinge - Bericht von Tag 3, 14.11.2018
Jutta Croll, Stiftung Digitale Chancen
Tag drei des IGF startete mit dem Best Practice Forum zu künstlicher Intelligenz. Solche thematischen Foren sind Teil der zwischen den jährlichen IGFs stattfindenden Aktivitäten, in der Absicht Themen von aktueller Bedeutung vertiefend zu bearbeiten.
Nobuhisa Nishigata, OECD wies darauf hin, wie schwierig es sei, die Vorteile künstlicher Intelligenz zu nutzen und gleichzeitig die Risiken im Griff zu halten. Imane Bello, Sciences Lecturer, Human Rights & AI, schlug vor, den Begriff der künstlichen Intelligenz und des Internet der Dinge zu vermeiden, schließlich gehe es in erster Linie um Menschen, nicht nur um Maschinen.
Taylor Bentley, ISED, Canadian Government, erklärte den kanadischen Ansatz, gesetzliche Regelungen für IoT, AI und Big Data gemeinsam mit Unternehmen und der Wissenschaft auszuarbeiten. Es gebe derzeit mehr Beispiele für unsichere und risikobehaftete Anwendungen erklärte hingegen der Vertreter von MISEC, einen Unternehmen für IT-Sicherheit.
Die schwierige Balance zwischen Sicherheit und Innovation wurde auch von Michael Nelson, Cloudflare angesprochen. Alle Beteiligten waren sich einig, dass IoT, AI und Big Data hervorragende Chancen bieten, die Welt zu verbessern. Dies könne aber nur gelingen, wenn die Menschenrechte respektiert und die Bedürfnisse besonders gefährdeter Gruppen berücksichtigt sowie die Risiken minimiert werden. Dazu bedarf es eines ausgewogenen Verhältnisses von staatlicher Regulierung und der Bereitschaft der Unternehmen, Safety by Design als Entwicklung- und Gestaltungsprinzip zu implementieren.
Menschenrechte im Kontext der Vergabe von Domainnamen war das Thema einer weiteren Session des Vormittags. Human Rights Impact Assessments (HRIAs) sind ein nützliches und zunehmend verbreitetes Instrument, um private Akteure über die potenziellen negativen Auswirkungen ihrer Maßnahmen zu informieren und wo erforderlich deren Folgen abzumildern. Derzeit gebe es wenig gegenseitige Akzeptanz für die Ergebnisse von HRIAs, wenn diese entweder von Seiten der Wirtschaft oder seitens der Zivilgesellschaft durchgeführt würden, so Michelle Neylon, Vertreter eines irischen Unternehmens, das für die Registrierung von Domainnamen verantwortlich zeichnet. Der Vorschlag, das Multistakeholdermodell von ICANN und IGF für HRIAs zu implementieren, könne helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Der Durchsetzung von Menschenrechten stehe jedoch seitens der Unternehmen eine generelle Skepsis im Hinblick auf zusätzliche vertragliche Auflagen gegenüber. Auf Nachfrage betonten die an der Session Beteiligten, dass Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs Inhalte seien, die Menschenrechte verletzten. Die Bereitschaft, das Problem gemeinsam anzugehen, sei vorhanden, aber es bedürfe weiterer Erörterung der vertraglichen und technischen Möglichkeiten. Anfang Dezember wird in der Zeitschrift Medien + Erziehung - merz Wissenschaft ein Artikel erscheinen, der einen Weg dazu aufzeigt. Zugang zur englischsprachigen Übersetzung des Textes werden wir hier veröffentlichen.
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Veröffentlicht am 13.11.18
Kinderschutz - Kinderrechte - Menschenrechte - Bericht von Tag 2 des IGF, 13.11.2018
Jutta Croll, Stiftung Digitale Chancen
Der Schutz von Kindern im Internet war eines der prägenden Themen des zweiten Tages. WeProtect Global Alliance, ACSIS, eine Organisation, die mehr als 600 zivilgesellschaftliche Organisationen vom Afrikanischen Kontinent vereinigt, sowie UNICEF, die Internet Watch Foundation und Arda Gerkens, Senatorin des Niederländischen Parlaments beteiligten sich am Vormittag an einer Diskussion über die Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet. Die exorbitant steigenden Zahlen von Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie neue Formen des Missbrauchs, wie live gestreamte Videos, und das immer jüngere Alter der dargestellten Kinder zeigen, so Susie Hargreaves, IWF, den akuten Handlungsbedarf auf. Gleichzeitig haben gerade auf dem afrikanischen Kontinent immer mehr Kinder und Jugendliche mit mobilen Endgeräten Zugang zum Internet, aber es stehen ihnen nur in geringem Umfang Angebote zur Verfügung, um die notwendigen Kompetenzen im Umgang mit Risiken zu erwerben, betonte Aicha Jeridi, ACSIS.
Anjan Bose, UNICEF, stellte den von der WeProtect Global Alliance entwickelten 21 Punkte umfassenden Katalog vor, die so genannte Model National Response. Dieser kann von den beteiligten Ländern entsprechend der nationalen Gegebenheiten umgesetzt werden, um den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet zu bekämpfen. Auf der Basis des Katalogs wurden in verschiedenen Ländern nun erstmals ‚threat assessments’ durchgeführt, um die Gefährdungslage einschätzen und angemessene Maßnahmen umsetzen zu können. Der vollständige Bericht ist zu finden unter We Protect Global Alliance.
Arda Gerkens wies auf die Möglichkeit hin, durch verwaltungsrechtliche Maßnahmen die Grundlagen einer erfolgreichen Bekämpfung des Phänomens zu schaffen. Nur eine mit den erforderlichen Befugnissen ausgestattet Behörde könne die Dienstleister, auf deren Servern die Darstellungen gehostet werden, zu Löschung veranlassen. Gegenüber Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern bedarf es einer Null-Toleranz-Strategie, so Gerkens. Aber es sei auch erforderlich, Beratung und Unterstützung zu bieten für diejenigen Menschen, die solche Inhalte konsumierten, denn nur wenn die Nachfrage versiege, könne der Sumpf dieser Angebote trockengelegt werden.
In der anschließenden Session der Dynamic Coalition on Child Online Safety standen Web-Angebote, die sich direkt an Kinder richten oder von diesen genutzt werden, im Mittelpunkt der Diskussion. Gemäß der UN Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht auf Zugang zu Informationen, das Recht ihre Meinung frei zu äußern und gemeinsam mit anderen teilzuhaben an der Gesellschaft. Zugleich haben sie auch das Recht auf Privatsphäre und Schutz, insbesondere vor sexuellem Missbrauch und kommerzieller Ausbeutung. Kinder kommen heute in immer jüngerem Alter mit vernetzten Endgeräten und Diensten in Kontakt. Erziehung von Kindern umfasst daher auch die Aufgabe, sie zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Möglichkeiten der digitalen Welt zu befähigen. Allerdings kann und darf die Verantwortung nicht allein bei Eltern und pädagogischen Fachkräften liegen, so die Mehrheit der Teilnehmenden an der Session. Vielmehr müssten die Anbieter neue Dienste so entwickeln, dass sie von Kindern sicher genutzt werden können. Angebote, die in einer Weise gestaltet sind, die Kinder zu einem maximalen Maß an Beschäftigung mit dem Dienst motivieren, zum Beispiel sind Apps, die Anreize setzen für eine immer länger andauernde und intensivere Nutzung, ebenso fragwürdig wie Dienste, welche die Anzahl der mit dem Profil verknüpften Nutzer belohnen, oder Games, die für das Erreichen des nächsten Levels den kostenpflichtigen Erwerb von Items voraussetzen. Dies führt zu einer Kommerzialisierung von Kindheit, die insbesondere auf der Auswertung des bei der Nutzung der Dienste erfassten Verhaltens und der Ökonomisierung dieser Daten für die Entwicklung neuer Dienste beruht. Die Teilnehmenden an der Session forderten eine ethische Auseinandersetzung mit derartigen Geschäftspraktiken, Anbieter sollten die entwicklungspsychologisch bedingt unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern berücksichtigen.
Beide Themen fanden anschließen ihren Niederschlag in der thematischen Hauptsession „effektive Maßnahmen für eine inklusive und erfolgreiche digitale Transformation - was bedarf es dazu?“, die gemeinsam mit den Dynamic Coalitions organisiert wurde, sowie in der abschließenden thematischen Hauptsession zu Menschenrechten und Internet Governance.
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Veröffentlicht am 12.11.18
Pariser Friedensforum eröffnet die Woche der Digitalisierung 2018
Jutta Croll, Stiftung Digitale Chancen
Nach den Feierlichkeiten zum Waffenstillstandstag aus Anlass des Ende des ersten Weltkrieges vor einhundert Jahren wurde am Sonntagnachmittag in Paris das erste Pariser Friedensforum von Präsident Macron gemeinsam mit dem UN-Generalsekretär António Guterres und Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet. Während US Präsident Donald Trump demonstrativ nicht teilnahm, waren andere Staatschefs wie der Russische Präsident Putin und dessen türkisches Gegenüber Recep Tayyip Erdogan unter den Zuhörenden als Merkel, Macron and Guterres die Vereinten Nationen und andere transnationale Institutionen für ihre Bemühungen um multilaterale Lösungen hervorhoben.
In den folgenden Tagen werden Regierungsvertreter und Repräsentanten internationaler Organisationen und Nichtregierungsorganisationen sowie Unternehmen im Rahmen der Pariser Woche der Digitalisierung zusammenkommen um die drängendsten Fragen der aktuellen Entwicklungen zu erörtern und konkrete Antworten zu entwickeln.
Parallel dazu findet auf dem Gelände der UNESCO in Paris das dreizehnte Internet Governance Forum der Vereinten Nationen statt. Beide Veranstaltungen sind inhaltlich eng miteinander verbunden; einen der Schwerpunkte wird die Befassung mit Aspekten der künstlichen Intelligenz bilden. So werden unter anderem in einem von UNICEF organisierten Offenen Forum am Dienstag Möglichkeiten der Berücksichtigung von Kinderrechten bei der Entwicklung von Anwendungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren, erörtert. Menschenrechte sind ein weiteres Topthema unter den Gegenständen, die im Rahmen des IGF diskutiert werden. Dabei geht es um die Ausübung von Gewalt ebenso wie um die Verhinderung der Verbreitung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern über das Internet. Anknüpfend an die Diskussionen des Pariser Friedensforums stehen darüber hinaus auch beim Internet Governance Forum Aspekte der ökonomischen Entwicklung in Verbindung mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen sowie Fragen der Cybersicherheit auf der Agenda.
Lesen Sie hier unsere Berichterstattung vom IGF.
Der Mensch im Mittelpunkt - Bericht vom ersten Tag des IGF 2018.
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