FOKUS
Veröffentlicht am 13.11.20
IGF ruft dazu auf, die digitale Spaltung zu überbrücken, das Internet zu nutzen, um die menschliche Resilienz zu stärken und Solidarität inmitten von COVID-19 aufzubauen
Marlene Fasolt, Stiftung Digitale ChancenNoch nie zuvor hat sich das Internet als eine so wichtige Lebensader für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen erwiesen, wie im globalen Kampf gegen die COVID-19-Pandemie. Am Montag, 9.11. wurde das Internet Governance Forum offiziell eröffnet, dabei unterstrichen die Teilnehmer*innen die maßgebliche Bedeutung digitaler Technologien für die Stärkung der Resilienz der Menschen und der Solidarität zur Bewältigung der Herausforderungen durch das Coronavirus.
Unter dem übergreifenden Thema "Internet für menschliche Resilienz und Solidarität" diskutierten anlässlich des Eröffnung des 15. Internet Governance Forums (IGF) führende Persönlichkeiten und Expert*inen aus allen Teilen der Welt über die entscheidende und zentrale Rolle des Internets zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft und zur Pflege von Familienbeziehungen und Freundschaften sowie als Basis einer globalen Koordinierung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Einhergehend mit der zunehmenden Abhängigkeit von der Vernetzung müssten verstärkte Anstrengungen unternommen werden zur Überbrückung der alarmierenden digitalen Spaltung, die einige Menschen wirtschaftlich und sozial zurückzulassen drohe, betonten die Teilnehmenden.
"In den am wenigsten entwickelten Ländern waren 2019 nur 19 Prozent der Menschen online. Wir lassen eine große Mehrheit hinter uns", sagte der UN-Untergeneralsekretär für Wirtschaft und Soziales Liu Zhenmin in seiner Eröffnungsrede, und wies zugleich darauf hin, dass auch in Bezug auf Geschlecht, erschwinglichen Zugang und digitale Kompetenz weiterhin große Unterschiede bestehen. "Wir brauchen Lösungen, die dazu beitragen, die digitale Spaltung zu überbrücken, damit die Vorteile der digitalen Technologien auch diejenigen erreichen können, die bisher zurückbleiben und keinen Zugang haben".
Das hochrangig besetzte Eröffnungspanel konstatierte, dass die Menschen aktuell eine Zeit intensiver digitaler Transformation durchleben. Daher sei es für Verantwortliche in allen Bereichen unerlässlich, mehr in ein sicheres und geschütztes, offenes und für alle zugängliches Internet zu investieren.
Viele Panelisten sprachen sich aus für Maßnahmen zur Erreichung derjenigen, die gewöhnlich zurückgelassen werden. Es müsse sichergestellt sein, dass alle gemeinsam den Weg des Fortschritts mitgehen: Mädchen und Frauen, junge und ältere Menschen, Flüchtlinge, Migranten und Vertriebene, indigene Völker und Menschen mit Behinderungen. Kleine Inselentwicklungsstaaten sowie die am wenigsten entwickelten und Binnenentwicklungsländer seien ebenfalls mit einer wachsenden digitalen Kluft gegenüber den entwickelten Ländern konfrontiert.Der Präsident der Generalversammlung, Volkan Bozkir, sagte: "Das Ziel der Sustainable Development Goals (SDGs), bis 2020 universelle Vernetzung zu erreichen, ist nicht erreicht worden. Tatsächlich haben nach wie vor 3,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zum Internet". Er wies auf die bestehenden Ungleichheiten hin und sagte, die digitale Spaltung verschärfe die Situation und "untergrabe, was in Bezug auf die Entwicklung von Ländern und Communities die vom Rest der Welt abgekoppelt sind, bereits erreicht worden sei." Er verwies auf die Aktionsdekade, deren Umsetzung durch die Pandemie entgleist sei, und rief zum Handeln auf. "Wir können diesen Moment nutzen, um weltweit rasch Fortschritte zu erzielen und in eine nachhaltige Erholung zu investieren, die von den SDGs geleitet wird. Die Überwindung der digitalen Spaltung hat daran einen wesentlichen Anteil."
Der Präsident des Wirtschafts- und Sozialrats, Munir Akram, stellte fest, dass die andauernde digitale Revolution in Rekordzeit zu einem enormen Reichtum geführt habe, der sich vorwiegend auf wenige Länder konzentriere. Er rief zu dringendem Handeln auf, damit die Entwicklungsländer von digitalen und anderen Spitzentechnologien wie künstlicher Intelligenz, Quantencomputing und Robotik profitieren können.
Jeffrey Sachs von der Columbia University hob hervor, das "Zeitalter des E-Alles" könne seine immensen Möglichkeiten für den Fortschritt nur entfalten, wenn alle Zugang dazu haben und über die Fähigkeiten und Kenntnisse zur sicheren Nutzung des Internets verfügen. Die Jugendvertreterin Pamela Cretu betonte, es sei wichtig, in junge Menschen zu investieren.
Weitere Redner, die sich dem Dialog der Opening Leaders anschlossen, war als Vertreter der Deutschen Bundesregierung Thomas Jarzombek, Beauftragter des BMWi für die Digitale Wirtschaft und Start-ups, Regierungsvertreter von Fidschi, die frühere Schweizer Präsidentin Doris Leuthard, Houlin Zhao, Generalsekretär der ITU, Victoria Grand von Whatsapp, FChat Garcia Ramilo von der Association for Progressive Communications und Mon. Paul Tighe, Sekretär aus dem Vatikan.
Das Internet Governance Forum wird noch bis zum 17. November mit Roundtable-Gesprächen zwischen Regierungsvertreter*innen und Führungskräften der Wirtschaft sowie den Vertreter*innen des technischen Sektors, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft fortgesetzt. Fünf Main Sessions befassen sich mit Gesundheitsthemen, Wirtschaft, Sicherheit, sozialer Entwicklung und Umweltaspekten und erörtern dabei die Rolle der Internet Governance in Notfällen und Zeiten der Unsicherheit.
Ein weiteres Roundtable-Gespräch mit Parlamentariern verschiedener Länder befasst sich mit dem Aufbau von Vertrauen während der COVID-19-Pandemie und der erwarteten Erholung danach.
Den vollständigen Zeitplan des IGF 2020 finden Sie hier
Über das Internet Governance Forum (IGF)
IGF wurde 2006 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen als Forum für den Dialog zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu Fragen der öffentlichen Ordnung im Zusammenhang mit Schlüsselelementen der Internet-Verwaltung wie Nachhaltigkeit, Robustheit, Sicherheit, Stabilität und Entwicklung des Internets eingerichtet. Das Forum trifft sich jährlich zu einem offenen und integrativen Dialog über Fragen der Internet Governance, um bewährte Praktiken und Erfahrungen auszutauschen, aufkommende Probleme zu identifizieren und sie den zuständigen Gremien und der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen sowie zur Entwicklung von Kapazitäten für Internet Governance beizutragen. Dieses Jahr findet das Forum zum 15. Mal statt, aufgrund der COVID-19-Pandemie wird die Veranstaltung ausschließlich online von den Vereinten Nationen ausgerichtet.
Alle Sitzungen werden live über IGF YouTube übertragen.
Der High-Level Leaders Track wird ebenfalls live über das Web-TV der Vereinten Nationen übertragenDie Presse und andere Interessenvertreter sind aufgefordert, an allen Sitzungen teilzunehmen und sich zu engagieren.
Kontakte zu den Medien
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Esra Sergi Bertani, sergie@un.org
UN-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten
Wai Min Kwok, kwok@un.org
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IGF-Sekretariat
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