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FOKUS


Veröffentlicht am 14.11.22

Offener Brief an die Europäische Union

Zum 18. November, dem Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, hat die EU CSA Legislation Advocacy Group einen offenen Brief zivilgesellschaftlicher Gruppen an die Europäische Union in Umlauf gebracht. In diesem Brief werden die politischen Entscheidungsträger*innen der EU aufgefordert, das Internet zu einem sicheren Ort für Kinder zu machen und sich auf auf der Grundlage des Kommissionsentwurfs vom 11. Mai 2022 auf wirksame Maßnahmen zu konzentrieren, um sexuellen Missbrauch zu bekämpfen.

Die Zivilgesellschaft und Kinderrechtsorganisationen rufen zum Handeln auf: Wir müssen das Internet zu einem sicheren Ort für Kinder machen

18. November 2022 - Europäischer Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch

Jedes Kind soll die Chance haben, sicher aufzuwachsen, neugierig und glücklich - einfach ein Kind zu sein. Leider sieht die reale Kindheit für eine wachsende Zahl von sexuell missbrauchten und ausgebeuteten Kindern, anders aus. Aktuellen Umfragen zufolge haben mehr als die Hälfte aller Kinder, sowohl Jungen als auch Mädchen, bereits Online-Belästigung oder Missbrauch erlebt. Dazu gehört zum Beispiel die unerwünschte Zusendung sexualisierter Inhalte von Erwachsenen oder unbekannten Personen, die Aufforderung, diese Form der Online-Beziehung und den Austausch sexualisierter Inhalte geheim zu halten, die Weiterverbreitung von Bildern des Kindes mit eindeutig sexuellem Bezug ohne dessen Zustimmung oder die Aufforderung, eindeutig sexuelle Handlungen zu vollziehen, mit denen sich das Kind nicht wohlfühlt. In extremen Fällen führt die Online-Kontaktanbahnung mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung zum Verschwinden der betroffenen Kinder.

Die Schrecken des Missbrauchs sind grausam genug - aber so wie das Internet sich entwickelt hat und gewachsen ist, hat auch die virale Verbreitung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern enorm zugenommen - der Beweis dafür sind etwa 85 Millionen Bilder und Videos von Kindesmissbrauch, die in 2021 weltweit gemeldet wurden, mehr als 62 % davon werden in Europa gehostet. Und jedes Mal, wenn diese Bilder geteilt und weitergegeben werden, bedeutet das eine erneute Viktimisierung der Betroffenen.

Das Ausmaß des Missbrauchs macht es den Kindern schwer, ein normales und gesundes Leben zu führen. Laut einer 2017 durchgeführten Studie sagten fast 70 % der Befragten, dass sie ständig in der Furcht leben, von jemandem erkannt zu werden, der die Bilder ihres Missbrauchs gesehen hat; 83 % hegten Selbstmordgedanken und 60 % hatten bereits den Versuch unternommen, sich das Leben zu nehmen.

Neben der Verbreitung der Missbrauchsdarstellungen bestehen weitere Gefährdungspotenziale für die betroffenen Kinder. So nutzen Täter*innen beispielsweise Chat-Funktionen, um Kinder online anzusprechen, ein Treffen mit ihnen zu verabreden oder sexuelle Bilder von ihnen zu verlangen, mit denen die Kinder anschließend erpresst werden, immer weiteres Material zu schicken. Straftäter*innen nutzen Streaming-Technologie, um den Missbrauch von Kindern weltweit zu steuern und live im Netz zur Verfügung zu stellen.

Jeden Tag werden die Rechte von Kindern auf Schutz vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung verletzt. So überwältigend dies auch erscheinen mag, wir sind keineswegs machtlos. Und wir haben sowohl eine moralische als auch eine rechtliche Verantwortung, diese abscheulichen Verbrechen zu bekämpfen. Heute, am Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, wollen wir erklären, warum jetzt ein kritischer Zeitpunkt für Europa und die Welt ist.

Wir sind nicht hilflos. Fortschritte in den Bereichen Technologie und Strafverfolgung sowie ein starkes Ökosystem, welches den Schutz von Kindern in den Mittelpunkt stellt, könnten uns die Instrumente an die Hand geben, die wir brauchen, um Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs von Online-Plattformen zu beseitigen. Unter Verwendung von streng regulierten Technologien könnten angemessene Maßnahmen so umgesetzt werden, dass die Privatsphäre der Internetnutzer*innen respektiert wird.

Alles, was bisher im Rahmen des bestehenden Systems zum Schutz von Kindern - auch unter Mitwirkung der Technologieunternehmen - geleistet wurde, verdient Beifall. Alle freiwilligen Maßnahmen müssen auf einer soliden Rechtsgrundlage und innerhalb eines ordnungspolitischen Rahmens fortgesetzt werden. Angesichts des exponentiell wachsenden Ausmaßes des Problems ist es jedoch klar, dass dies nicht ausreichen wird. Die Europäische Union muss ihr Versprechen, das Internet zu einem sicheren Ort für Kinder zu machen, einhalten.

Im Mai dieses Jahres hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Regulierung vorgelegt, die genau dies vorsieht. Dieser Entwurf wird derzeit im Europäischen Parlament und von den Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union geprüft und erwogen. Wir, die Unterzeichner*innen dieses Schreibens, danken allen beteiligten Parteien für ihre harte Arbeit und ihre ehrgeizigen Ziele. Die politischen Entscheidungsträger*innen der EU dürfen diese Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen. Die Bürgerinnen und Bürger in der gesamten EU haben eine breite Unterstützung (68 %) für die Einführung langfristig gültiger Rechtsvorschriften zum Schutz von Kindern im Internet und für den Einsatz automatisierter Instrumente zur Erkennung von Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauchs zum Ausdruck gebracht.

Alle, die ein Interesse an der Bekämpfung dieses Problems haben, rufen wir dazu auf, konzentriert an wirksamen Mitteln zu arbeiten, um den Vorschlag der Kommission zu stärken und sicherzustellen, dass er greifbare Ergebnisse für den Schutz von Kindern im Internet bringt.

Wir alle bringen unterschiedliche Expertise mit. Gemeinsam können wir Lösungen finden, um eine Welt zu schaffen, in der Kinder sicher aufwachsen, neugierig und glücklich sein können - eine Welt, in der jedes Kind frei ist, einfach ein Kind zu sein.

Wenn Sie den Brief unterstützen und mitzeichnen möchten, senden Sie bitte eine E-Mail an csa.euadvocacy@gmail.com

Liste der Unterzeichner*innen:

  1. Association Meilleur Avenir pour Nos Enfants (AMANE) (Morokko)
  2. ASTRA - Anti-trafficking Action (Serbien)
  3. Brave Movement (International)
  4. Child Helpline International (International)
  5. Child Rescue Coalition (International)
  6. Deutsches Kinderhilfswerk / German Children´s Fund (Deutschland)
  7. Different & Equal (Europa/Albanien)
  8. ECPAT Germany (Deutschland)
  9. ECPAT International (International)
  10. ECPAT Luxembourg (Luxemburg / International)
  11. ECPAT Sweden (Schweden)
  12. Empowering Children Foundation (Polen)
  13. Eurochild (Europa)
  14. Hintalovon Child Rights Foundation (Ungarn)
  15. "Hope For Children" CRC Policy Center (International)
  16. International Falcon Movement - Socialist Educational International (IFM-SEI) (International)
  17. International Justice Mission´s Center to End Online Sexual Exploitation of Children (International)
  18. Internet Watch Foundation (International/Vereinigtes Königreich)
  19. Lasten perusoikeudet - Children´s Fundamental Rights ry (Finnland)
  20. Missing Children Europe (Europa)
  21. Montessori Bundesverband Deutschland e.V. (Deutschland)
  22. National Center for Missing & Exploited Children (International)
  23. National Network for Children in Bulgaria (NNC), NNC's Legal Aid Network (Bulgarien)
  24. National Society for the Prevention of Cruelty to Children (NSPCC) (Vereinigtes Königreich)
  25. Stiftung Digitale Chancen (Deutschland)
  26. Sentinel Foundation (International / Lateinamerika)
  27. SOLWODI Deutschland e.V. (Deutschland)
  28. Suojellaan Lapsia, Protect Children ry. (PC) (International/Finnland)
  29. Terre des Hommes (International)
  30. The National Child Protection Task Force (International)
  31. Thorn (International)
  32. Vatra Psycho - Social Centre (Albanien)
  33. WeProtect Global Alliance (International)
  34. #stop_sexting project (Ukraine)

Der offene Brief kann hier als PDF heruntergeladen werden.