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FOKUS


Veröffentlicht am 27.10.23

Die Rechte der Kinder zwischen Tür und Angel

Jutta Croll & Torsten Krause, SDC

Vom 23. bis 26. Oktober traf sich die ICANN-Gemeinschaft in Hamburg zu ihrer Jahreshauptversammlung und feierte gleichzeitig das 25-jährige Bestehen der Organisation. Die Abkürzung ICANN steht für Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (Internetgesellschaft für die Vergabe von Namen und Nummern). Die gemeinnützige Organisation verfolgt das Ziel einen sicheren, stabilen und einheitlichen Betrieb des Internets zu gewährleisten, und könnte daher als Verwaltung des Internets bezeichnet werden. Alle dafür notwendigen Regelungen und Prinzipien werden zwischen den verschiedenen Interessengruppen, wie den Regierungen, der Wirtschaft, der technischen Gemeinschaft, der Zivilgesellschaft und den Nutzenden gemeinschaftlich und konsensbasiert entwickelt. Basisorientiert wächst so das Fundament des Internets mit dem Ziel, weltweit und für alle Menschen den Zugang zu ermöglichen. Dabei konzentriert sich ICANN auf die Strukturen und Funktionsweisen, die das Fundament des Internet bilden und für dessen Erhalt förderlich sind.

Anhand des Wegs, den ICANN seit der Gründung 1998 zurückgelegt hat, wird deutlich, wie sich die Organisationsstruktur und Verfahren zur Entwicklung von Richtlinien im Laufe der Zeit entwickelt haben, und es ist nachvollziehbar, warum ICANN keine Verantwortung für Inhalte übernimmt, die über die von ihr verwaltete Infrastruktur zugänglich gemacht werden.

Tagung

Missbrauch ist nicht gleich Missbrauch

Das Domainnamensystem (DNS) ist das Rückgrat des Aufgabenbereichs und der Arbeit der ICANN. Daher befassen sich mehrere Ausschüsse, Referate, Arbeitsgruppen und Untergruppen mit der Aufrechterhaltung des DNS wie z. B. der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Stabilität. Dies spiegelte sich auch im Programm der Tagung wider, bei der sich mehrere Sitzungen mit dem so genannten Missbrauch von Domainnamen befassten. Nach der ICANN-Definition umfasst DNS-Missbrauch Phishing, Pharming, Malware, Botnets und Spam. Diese Bereiche werden vom DNS Abuse Institute, der DNS Research Federation und dem DAAR-Projekt (Domain Abuse Activity Reporting) erforscht und von der Clean DNS Initiative behandelt. Obwohl die Verbreitung von Darstellungen sexueller Gewalt an Kindern (CSAM) nicht als DNS-Missbrauch verstanden wird, wird es als ein Problem erachtet, das trotz der ICANN-Politik, keine Verantwortung für Inhalte zu übernehmen, angegangen werden muss. So könnte die Unterscheidung zwischen Domainnamen, die von vornherein in krimineller Absicht registriert wurden, und solchen, die gehackt oder kompromittiert wurden, auch als Ansatz zur Bekämpfung von CSAM im Internet angewendet werden. Im Jahr 2023 ging bei den Hotlines in Europa ein hoher Prozentsatz von Meldungen ein, die sich auf Domainnamen mit kryptischen Buchstaben- und Zahlenfolgen bezogen, welche als Einladung zu Plattformen für den Austausch von CSAM verbreitet werden. Die niederländische Registry für die länderspezifische TOP-Level-Domain (ccTLD) .nl setzt eine KI-basierte Strategie gegen DNS-Missbrauch ein, welche Anträge auf die Registrierung von "verdächtigen" Domainnamen erkennt und weitere Maßnahmen zur Überprüfung der Daten des künftigen Registranten einleitet. Ein solcher Ansatz könnte auch für Internetadressen, die zur Verbreitung von CSAM missbraucht werden, eingesetzt werden.

Ist die Sperrung auf DNS-Ebene ein zu scharfes Schwert?

Sperrung ist das bevorzugte Mittel für Internetadressen, die zu Recht als missbräuchlich im Sinne der ICANN-Definition eingestuft werden. Sofern Darstellung sexueller Gewalt an Kindern hauptsächlich über Filesharing-Server verbreitet werden, ist es offenkundig, dass der Server nicht abgeschaltet werden sollte, wenn 99,9 Prozent der weiteren Inhalte dort legal zur Verfügung gestellt werden. Für die 0,1 Prozent illegaler CSAM-Inhalte gilt ebenfalls, dass Sperrung allein das Problem nicht lösen kann. Nicht alle Täter handeln aus einer pädophilen Neigung heraus. Viele derjenigen, die CSAM produzieren und verbreiten, haben ein kommerzielles Interesse, das sich nicht wesentlich von dem derjenigen unterscheidet, die Schadsoftware verbreiten.

Auch wenn die Rechte von Kindern nicht im Fokus von ICANN stehen und nur zwischen Tür und Angel diskutiert werden, muss dieses Problem angegangen werden, und daran sollte auch ICANN beteiligt sein.