BERICHTE UND PUBLIKATIONEN
Allgemeine Bemerkung Nr. 25 (2021) - Kapitel III: Allgemeine Grundsätze C - D
C. Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung
Die Chancen, die sich im digitalen Umfeld bieten, spielen für die Entwicklung von Kindern eine immer bedeutendere Rolle und können gerade in Krisensituationen für Kinder lebens- und überlebenswichtig sein. Die Vertragsstaaten sollen Kinder mit allen geeigneten Maßnahmen vor Gefahren für ihr Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung schützen. Zu den Risiken in Bezug auf Inhalte, Kontakte, Verhaltensweisen und Vertragsverhältnisse gehören unter anderem gewalttätige und sexualisierte Inhalte, Cyberaggression und Cybermobbing, Glücksspiel, Ausbeutung und Missbrauch einschließlich der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs sowie die Verherrlichung von oder Anleitung zu Selbstmord oder lebensgefährlichen Aktivitäten, unter anderem durch Kriminelle oder als terroristisch oder gewalttätig bis extremistisch eingestufte bewaffnete Gruppen. Die Vertragsstaaten sollen neu auftretende Gefahren, denen Kindern in verschiedenen Kontexten begegnen, identifizieren und bekämpfen, auch, indem sie Kinder anhören, welchen konkreten Risiken sie ihrer Ansicht nach ausgesetzt sind.
Die Nutzung digitaler Geräte sollte weder schädlich, noch ein Ersatz für persönliche Interaktionen unter Kindern oder zwischen Kindern und Eltern oder betreuenden Personen sein. Besonderes Augenmerk sollen die Vertragsstaaten auf die Auswirkungen solcher Technologien in den ersten Lebensjahren legen, wenn das kindliche Gehirn am formbarsten ist und das soziale Umfeld, allen voran die Beziehungen zu Eltern und Betreuenden, entscheidenden Einfluss auf die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes ausübt. In den ersten Lebensjahren können je nach Design, Zweck und Nutzung von Technologien besondere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich sein. Eltern, Betreuende, pädagogische Fachkräfte und andere relevante Akteur:innen sollten im angemessenen Umgang mit digitalen Geräten geschult und beraten werden. Zu berücksichtigen sind dabei Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen digitaler Technologien auf die Kindesentwicklung, insbesondere während der kritischen neurologischen Wachstumsschübe in der frühen Kindheit und Jugend.
Kinder berichteten, dass das digitale Umfeld ihnen entscheidende Möglichkeiten bietet, sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, Gehör zu verschaffen. Die Nutzung digitaler Technologien kann dazu beitragen, die Teilhabe von Kindern auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu verwirklichen. Die Vertragsstaaten sollen das Wissen über und den Zugang zu solchen digitalen Instrumenten fördern, mit deren Hilfe Kinder ihre Meinung äußern können, und Kindern Schulungen und Unterstützung anbieten, damit sie sich gleichberechtigt mit Erwachsenen einbringen können, bei Bedarf auch anonym, sodass sie allein und als Gruppe wirksam für ihre Rechte eintreten können.
Bei der Entwicklung von Gesetzen, (politischen) Strategien, Programmen, Angeboten und Schulungen zu Kinderrechten im Zusammenhang mit dem digitalen Umfeld sollen die Vertragsstaaten alle Kinder einbeziehen, ihren Bedürfnissen Gehör schenken und ihre Perspektiven angemessen berücksichtigen. Sie sollen sicherstellen, dass Anbietende digitaler Dienste aktiv mit Kindern zusammenarbeiten, angemessene Schutzmaßnahmen vorhalten und die Ansichten der Kinder bei der Entwicklung von Produkten und Diensten angemessen berücksichtigen.
Die Vertragsstaaten werden aufgefordert, das digitale Umfeld zu nutzen, um Kinder bezüglich relevanter legislativer, administrativer und anderer Maßnahmen zu konsultieren und zu gewährleisten, dass ihre Perspektiven ernst genommen werden und die Beteiligung von Kindern nicht zu einer unangemessenen Überwachung oder Datenerfassung führt, die ihr Recht auf Privatsphäre, Gedanken- und Meinungsfreiheit verletzen würde. Die Staaten sollen sicherstellen, dass solche Konsultationsverfahren auch Kinder einbeziehen, die keinen Zugang zu Technologien haben oder nicht fähig sind, diese zu nutzen.
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D. Berücksichtigung der Perspektive der Kinder
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